Einsatzpotential von VR und AR in der Live-Kommunikation
Die Messe- und Eventbranche versucht sich immer mal wieder neu zu erfinden. Durch die enorm gute Vernetzung unserer Welt werden Trends oder auch nur neue Ideen oft schnell verbreitet und bei Erfolg nachgeahmt.
Augmented und Virtual Reality sind relativ neue Technologien und bieten noch nie dagewesene Möglichkeiten. Wichtig ist hierbei, die Technologien nicht als Spielereien sondern als neue Medien zu verstehen. So wie ein Bild oder ein Film ein Medium ist, kommt jetzt noch AR und VR hinzu.
Ein aktives Eintauchen in neue Welten oder die Erweiterung der Wahrnehmung über virtuelle Elemente können für immersive und nachhaltige Markenerlebnisse und damit für eine tiefe Verankerung von unterschwelligen Botschaften sorgen.
Für VR und AR Anwendungen spielen die Sinne der Menschen eine essenzielle Rolle, da sie auf einer Sinnestäuschung der Nutzer basieren. Die Wahrnehmung wird manipuliert, indem der Reiz, welcher von einem realen Objekt ausgeht, künstlich erzeugt wird. Nimmt daraufhin beispielsweise das visuelle System eines Menschen den Reiz des künstlichen Objektes gleich oder ähnlich wahr, wie es durch ein reelles Objekt geschieht, entsteht ein Trugschluss.
Hierbei ist die Multisensorik von großer Bedeutung. Geschieht diese Sinnestäuschung nur mit dem Sehsinn, so würden Menschen einen Gegenstand auf einem normalen Bild oder Foto nicht mehr von einem echten unterscheiden können.
Dies ist natürlich nicht der Fall. Der Mensch nimmt die Welt zwar zu 70 Prozent visuell war, jedoch sind die restlichen 30 Prozent nicht zu vernachlässigen, um ein Ereignis so real wie möglich wirken zu lassen.
Neben einer Ansprache der visuellen Wahrnehmung (Sehen) ist eine Ansprache der taktilen (Fühlen), auditiven (Hören), olfaktorischen (Riechen) und gustatorischen Wahrnehmung (Schmecken) ebenso wichtig. Je mehr Sinne angesprochen werden, desto echter fühlt sich das virtuelle Ereignis an.
Für die Umsetzung ist es deshalb wichtig, die einzelnen Sinnestäuschungen so realistisch wie nur möglich zu gestalten.
Im Gegensatz dazu sprechen unterschiedliche Augmented Reality Anwendungen, welche beispielsweise einen virtuellen Gegenstand im Raum platzieren, nur den Sehsinn an. Hierbei gilt es für die Veranstaltung, die richtige Dosierung zu finden. Zu überlegen ist, wie die Veranstaltung grundsätzlich aufgebaut werden soll und welche Sinne bereits häufig abgedeckt sind. Gibt es beispielsweise bereits sehr viele Produkte, welche die Teilnehmer testen und anfassen können, so ist es möglicherweise sinnvoll, eine Augmented Reality Anwendung zu verwenden, welche nur den Sehsinn anspricht. Dies bietet den Teilnehmern Abwechslung. Hierbei kommt es sehr stark auf die Art des Marketing-Events an und welche Ziele verfolgt werden.
Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Virtual und Augmented Reality bieten Eventmanagern neue kreative Freiräume. Eventkonzepte können neu überdacht und dramaturgisch völlig anders aufgebaut werden. Es bietet sich eine Chance, Inhalte auf eine neue Art und Weise zu präsentieren. Die Produkte müssen nicht mehr vor Ort sein, sondern können mit Hilfe der Technik ersetzt werden. Anstelle einfacher Bildschirme unterstützen die VR oder AR Anwendungen eine Präsentation auf einem viel intensiveren Level. Technische Geräte oder Produkte, welche Inhalt der Veranstaltung sind, werden digital ersetzt. Dies senkt den Zeit- und Kostenaufwand enorm, da Inhalte nur noch digital verfügbar sein müssen.
Ein weiterer positiver Effekt von Augmented und Virtual Reality Anwendungen auf Events ist die Unabhängigkeit von Ort und Zeit. Inhalte können im Voraus und an anderen Orten eingespielt werden. Gerade die VR Anwendungen, welche keinen Bezug zur Umgebung benötigen, lassen sich so beliebig oft an unterschiedlichen Orten exakt wiederholen. Dabei kann jedem Teilnehmer dasselbe Erlebnis geboten werden.
Beispiele für den Einsatz von VR und AR auf Messen und Events
Nun folgt eine Erläuterung einiger verschiedener Einsatzgebiete und Tools für Augmented und Virtual Reality in der Live-Kommunikation.
Living Mirror
Bei dieser Technik wird Face-Tracking eingesetzt. Dabei registriert eine Kamera das Gesicht des Nutzers und es folgt eine Platzierung von lagegerechten dreidimensionalen Inhalten.
Ein Beamer oder Bildschirm, welcher sich vor dem Nutzer befindet, gibt das augmentierte Bild wieder. Für den Nutzer entsteht nun der Eindruck, er stehe vor einem Spiegel und betrachte sein Spiegelbild.
Kombiniert man diese Technik noch mit dem Green- oder Bluescreen-Verfahren, kann die Umgebung ebenfalls noch verändert werden. So steht der Nutzer in seinem Spiegelbild beispielsweise in anderen Räumlichkeiten oder in einer anderen Stadt. Der Nutzer kann so zum Beispiel unterschiedliche Brillen, Hüte oder auch Kleidungsstücke an sich selbst testen, ohne diese wirklich anzuziehen.
Living Print
Die Augmented Reality Anwendung erkennt bestimmte Texturen oder Marker, welche sich auf einem Buch, einer Karte, einer Broschüre oder einem Objekt befinden. Erfasst der Nutzer diese mit Hilfe einer Kamera, so werden dreidimensionale Objekte lagegerecht platziert. Die Marker dienen dabei zur Orientierung. Bewegt man sich nun mit der Kamera um diese herum, errechnet das Programm stets den neuen Blickwinkel und passt die virtuellen Objekte diesem auch an.
Living Game mobile
Diese Anwendungsmöglichkeit erweitert den Spielbereich über den üblichen Bildschirmrand hinaus. Mit Hilfe eines Smartphones oder Tablets wird die reale Umgebung Teil eines Spiels. Nutzt man jetzt noch AR Brillen so sind die Einsatzmöglichkeiten noch höher. Vor allem aber steigert sich die Immersion beträchtlich. In Spielen mit der Microsoft Hololens können die Nutzer über die Sprach- oder Gestensteuerung mit dem Spiel interagieren, welches dann für ein weitaus intensiveres Erlebnis sorgt.
Living Architecture
Die Nutzung in der Architektur ermöglicht eine bessere und realitätsnahe Präsentation des Objektes. Originale 3D-Daten des Bauobjektes können dabei zur Darstellung dienen. Mit Hilfe von AR Programmen lassen sich damit Bauprojekte wie Häuser oder Brücken in 3D visuell darstellen und präsentieren.
Der Betrachter kann beispielsweise das Bauwerk aus verschiedenen Blickwinkeln und in unterschiedlichen Situationen betrachten. Ebenfalls ist es möglich, das Objekt vor Ort an den dafür vorgesehen Bauplatz zu projizieren. Diese visuelle Darstellung bietet eine bessere Vorstellung über das bevorstehende Bauprojekt. Die Anwendung kann aber auch in kleinerem Umfang, beispielsweise mit Möbelstücken, erfolgen.
Living Poster
Living Poster hat dieselbe Funktionsweise wie Living Print. Dabei befinden sich Marker oder Texturen auf einem Poster, welche über das Smartphone von einer AR Anwendung erkannt werden. Darauf erfolgt eine Erweiterung des reellen Posters durch virtuelle Inhalte. Dies ist eine zusätzliche Kategorisierung, da es sich hierbei, im Gegensatz zu anderen Anwendungen, welche in geschlossenen Räumlichkeiten und kleinerem Maßstab stattfinden, um Werbebotschaften im öffentlichen Raum handelt.
Dieses Verfahren lässt sich ebenfalls mit dem Living Mirror kombinieren. Die Plakatwerbung wird dabei nicht über ein analoges Plakat angezeigt, sondern über einen Bildschirm mit integrierter Kamera. Erkennt diese eine Person, kann sie in das Plakat eingefügt werden. Wird keine Person erkannt, läuft die standardisierte Werbebotschaft weiter.
Living Presentation
Living Presentation bezeichnet die Einblendung von Informationen oder Gegenständen bei einer Präsentation. In diesem Anwendungsbeispiel können, ebenfalls in der Realität, große und komplexe Objekte wie Autos, Windkrafträder und ganze Industrieanlagen in die Live Präsentation mit eingebaut werden. Die Präsentation wird von einer Videokamera aufgenommen und das augmentierte Bild auf einer Leinwand für die Zuschauer wieder ausgegeben. Eine Person auf der Bühne hält dabei ein Brett mit einem Marker in der Hand. Das Programm erkennt diesen Marker und fügt dort ein ausgewähltes Objekt ein. Für den Zuschauer sieht es auf der Leinwand nun so aus, als würde die Person diesen Gegenstand in der Hand halten.
Gerade für Unternehmen mit einem großen oder erklärungsbedürftigen Produktportfolio bietet dies einen enormen Vorteil. Technische Details einer Automobilvorstellung können mit der Einblendung der dazugehörigen Bauteile besser erläutert werden und es ist auch möglich, die Fahrzeuge ohne Karosserie, nur den Motor oder das Fahrwerk darzustellen und damit zu interagieren.
Living Environment
Living Environment meint das Erweitern von Objekten oder Umgebungen mit Zusatzinformationen jeglicher Art wie Text, 2D-oder 3D-Objekten, Video- und Audiosequenzen mit Hilfe von AR. Zu beachten ist hierbei, dass viele Experten einfache Texteinblendungen in die Umgebung nicht als Augmented Reality sehen.
Sie unterscheiden dabei AR im engeren Sinne und AR im weiteren Sinne. AR im engeren Sinne bezeichnet alle Anwendungen, bei denen die Inhalte einen räumlichen Bezug haben und sich beispielsweise an den Blickwinkel des Nutzers anpassen. AR im weiteren Sinne umfasst alle 2D-Texteinblendungen oder Videoeinblendungen, die keinerlei räumlichen Bezug haben.
Bei Messen und Events können solche Anwendungen zum Beispiel genutzt werden, um eine Navigation durch die große Messehalle zu ermöglichen. Sind nun an den einzelnen Ständen zusätzlich Marker oder Texturen angebracht, welche die Anwendung erkennt, können Informationen zu den jeweiligen Messeständen angezeigt werden.
Es gibt vier Varianten, um diese Anwendungsszenarien umzusetzen. Diese sind Wearable AR, Device-Based AR, Mirror AR oder Transparent AR. Wearable AR bezeichnet alle Augmented Reality Möglichkeiten, die eine Datenbrille benötigen und somit am Kopf „getragen“ werden. Device-Based AR sind Anwendungen, welche beispielsweise ein Smartphone oder ein Tablet benötigen. Darunter werden auch Präsentationen gezählt, bei denen die Aufnahme des Bildes mit einer Kamera erfolgt und mit Hilfe einer Leinwand oder eines Bildschirms wiedergegeben wird. Mirror AR ist in der obigen Unterteilung bereits in einer eigenen Kategorie zusammengefasst. Es umfasst jegliche Anwendung mit Hilfe eines Spiegels.
Die möglichen Einsatzpotentiale von Virtual Reality unterscheiden sich von denen der Augmented Reality. Diese sind in ihrem jeweiligen Bezug zur Umwelt unterteilt. Es sind immer unterschiedliche Umwelteinflüsse wie ein Spiegelbild, eine Zeitschrift oder eine Live Präsentation vorhanden, in welchen AR eingesetzt werden kann. Bei Virtual Reality fällt dieser Aspekt weg, da es sich grundsätzlich um virtuelle Welten handelt. Das Potential von VR liegt dabei in den unendlich vielen möglichen virtuellen Inhalten. Es gibt keine Grenzen und nahezu alles kann virtuell erstellt werden.
Darstellen von Produkten oder Vorgängen zur Veranschaulichung in VR
Dieser Aspekt ermöglicht dem Nutzer, das Produkt oder den Vorgang realitätsgetreu zu erleben. Komplexe Produkte können mit Hilfe von Interaktionen wie Zoomen oder dem Drehen des Produktes veranschaulicht werden, und es besteht eine unbegrenzte Anzahl an Konfigurationsmöglichkeiten.
Damit erreichen Produktvorstellungen, beispielsweise in der Automobilbranche, ein neues Level. Die Präsentation benötigt keine Unterstützung mehr durch simple Bilder auf einer Leinwand. Die Teilnehmer können sich VR Brillen aufsetzen und bekommen, neben der Erklärung der technischen Details, den Motor oder das Fahrwerk des Fahrzeuges gezeigt.
Ebenfalls bietet es dem Nutzer die Möglichkeit, das Fahrzeug zu konfigurieren. Es ist unmöglich, ein Fahrzeug in jeder erdenklichen Farbe und Ausstattungsvariante vor Ort zu haben. Virtual Reality ändert dies. Der Nutzer kann beliebige Einstellungen vornehmen, um das Auto oder ein anderes Produkt nach seinen Wünschen zu erstellen.
Ein weiterer Aspekt dieser Anwendungen ist das Testen und das Ausprobieren unterschiedlicher Produkte oder Vorgänge. Die daraus resultierenden Folgen gibt es nur in der virtuellen Welt und somit hat ein Fehler auch keine Auswirkung auf die Realität. Dies ist nicht nur für die Forschung ein großer Vorteil. In der Live-Kommunikation können Eventteilnehmer Produkte speziell angepasst an den persönlichen Einsatzbereich testen und sehen nun, ob das Produkt in ihr Leben passt oder nicht.
Diese Anwendungsmöglichkeit schließt das Erstellen aller Situationen oder Dinge ein, welche nicht vor Ort sein können oder nicht existieren. Dies kann aus zeitlichen oder örtlichen Gründen geschehen. Dabei werden beispielsweise Situationen erzeugt, welche reell nicht ohne weiteres nachzustellen sind. Dabei können Orte dargestellt werden, welche sich nicht in der Nähe der Veranstaltung befinden oder überhaupt nicht existieren. Eine Möglichkeit hierbei wäre es, den Nutzer beispielsweise auf den Mars zu bringen oder in den Magen eines Insekts.
Virtual Reality Streaming / Virtual Showroom
Dieser Aspekt basiert darauf, Veranstaltungen zeit- und ortsunabhängig zu erleben. Sie können mit einer speziellen Kamera aufgenommen werden, welche mit Virtual Reality Endgeräten kompatibel sind. Interessierte schauen sich dann eine Veranstaltung an einem anderen Ort an und haben das Gefühl, sie sind live dabei. Es ist ebenso möglich, eine Aufzeichnung anzuschauen, um nicht nur eine örtliche, sondern auch eine zeitliche Unabhängigkeit zu bieten. Jeder hat dabei die Chance, vorausgesetzt er besitzt die dafür nötigen technischen Hilfsmittel, an einem Event zu jeder Zeit an jedem Ort teilzunehmen.
Virtuelle Showrooms hingegen bieten Unternehmen, sich virtuell zu präsentieren. Es können bereits bestehende Showrooms mit demselben Prinzip, wie bei den Virtual Reality Streams, aufgenommen und online gestellt werden. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, Showrooms komplett virtuell zu erstellen. Hierbei ist es denkbar, die ersten beiden Anwendungsbereiche mit einzubauen. Produkte können dann mit Hilfe einer Interaktion der Nutzer verändert, getestet oder konfiguriert werden.
Gaming und Unterhaltung
VR erfreut sich in der Live-Kommunikations-Branche sehr großer Beliebtheit. Durch das greifbare und direkte Erfahren des Spiels schafft dieses ein neues Erlebnis. Die Menschen werden nicht mehr von den Spielinhalten separiert, sondern sind nun ein Teil dessen. Bei guter Umsetzung und Verwendung der Technologien bietet es dem Nutzer dabei die Möglichkeit, die Spielfigur nicht nur über Controller und Knöpfe sondern auch über Gesten zu steuern.
So kann diese Art der Anwendung auf Marketing-Events genutzt werden, um den Besucher zu unterhalten. Es findet eine Aktivierung statt, welche von anderen, trockenen und rein informativen Inhalten der Veranstaltungen ablenkt. Es bietet ebenfalls die Möglichkeit, ein Spiel für das eigene Produkt zu entwickeln, um den Eventbesucher spielerisch zu begeistern.
Diese Trennung ist nicht immer möglich beziehungsweise notwendig. Natürlich ist es beim Einsatz der Virtual Reality Anwendungen gelegentlich von Vorteil, unterschiedliche Aspekte zu verknüpfen. So kann die Veranschaulichung von unterschiedlichen Produkten auch innerhalb eines Spiels vermittelt werden. Oder es lässt sich das Verhalten einzelner Produkte in unterschiedlichen Situationen, welche nicht vor Ort sind, simulieren.